Mittwoch, den 21. Juni 2023, 18 h c.t.
KWZ 0.602

Abstract:
Der Nachwuchslyriker Liao Yiwu kam nach dem 4. Juni 1989 wegen zweier Gedichte für vier Jahre ins Gefängnis, wo er sich vom Dichter zum (Zeit)Zeugen wandelte. Danach beruflich in Schwierigkeiten, begann er, in hunderten von Interviews den Außenseitern der VR-chinesischen Gesellschaft, unter ihnen die vergessenen Opfer früherer Kampagnen sowie der Öffnungspolitik, eine Stimme zu geben und ein Bild der Gesellschaft von unten zu zeichnen. Gleichzeitig hielt er in autobiographischen Werken seine Erfahrungen in und nach der Haft und bei seinen mehrfachen Fluchtversuchen fest. Zuletzt legte er mit Wuhan einen Dokumentarroman über die Corona-Pandemie in China vor. Bei all dem hat Liao Yiwu doch nie aufgehört, ein Dichter zu sein. So stellt dieser Vortrag auch die Frage nach der Beziehung von Dichtertum und Zeugenschaft.

Short bio:
Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann ist einer der profiliertesten literarischen Übersetzer aus dem Chinesischen in Deutschland. Er leitet zurzeit den Arbeitsbereich Chinesisch am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der Universität Mainz in Germersheim. Dort lehrt und forscht er zur chinesischen Literatur und Kultur und unterrichtet literarisches Übersetzen. Hier wie in seiner weiter geführten übersetzerischen Tätigkeit beschäftigt er sich mit Texten verschiedener Genres, Autor:innen unterschiedlichster Hintergründe und mitunter weit auseinander liegenden Thematiken.